Martin Rohla im Interview: Leute, geht’s mehr essen und trinken!

Dominik Köhler

Martin Rohla ©Habibi und Hawara

Martin Rohla, der erfolgreiche Unternehmer, Investor, Entrepreneur und 2M2M Juror spricht im großen Gastro News Interview über alte Freundschaften, aktuelle Projekte und seine Rolle als lästiger Gast.

Martin Rohla, der Goodshares Gründer, Investor und konzessionierter Unternehmensberater hat durch seine Beteiligungen an der Swing Kitchen, Habibi und Hawara und der Stadtflucht Bergmühle direkten Einblick in die aktuelle Lage der Branche. Gastro News hat ihn zum Interview getroffen.

Gastro News: Deine Investitionen in erfolgreiche Gastronomiebetriebe ermöglichen dir einen fundierten Einblick in die aktuelle Lage der Branche. Anfang 2020 hast du zu Gastro News gesagt, dass die Gastronomie zu den härtesten Branchen überhaupt zählt. Dann kam Corona. Kannst du uns die letzten 1,5 Jahre für die Gastro aus deiner Sicht zusammenfassen?
Rohla: Das ist ganz einfach. Die letzten 19 Monate waren für die Gastronomie der Horror! Und das aus mehreren Gründen. Zum einen hat die plötzliche Schließung der Betriebe alle überrascht. Zum anderen gab es keine Möglichkeit der auch nur mittelfristigen Planung, weil sich die Situation ständig verändert hat. Das war auf wirtschaftlicher Ebene natürlich eine Katastrophe. Gottseidank waren die Unterstützungsmaßnahmen der Regierung oft wirklich sehr hilfreich.

Gastro News: Mit deinem Unternehmen Goodshares investierst du in nachhaltige Projekte. Unter anderem in die Gastronomiebetriebe Swing Kitchen und Habibi und Hawara. Beide Unternehmen konnten zuletzt Wachstum verzeichnen. Inwieweit bist du als Investor bei der Entwicklungsstrategie eingebunden?
Rohla: Ich bin der drittgrößte Einzelgesellschafter der Swing Kitchen und wir haben jetzt für die Expansion im Frühjahr einen neuen Investor an Bord holen können. Dadurch haben wir die nötige Liquidität, um innerhalb der nächsten zwei Jahre zehn weitere Lokale aufsperren zu können. Die Swing Kitchen hat den großen Vorteil, dass sie von Anfang an profitabel war und wir dadurch die Expansion bisher mit neun Filialen aus eigener Kraft geschafft haben.

Gastro News: Um welchen Investor handelt es sich?
Rohla: Das ist die Familie Schadeberg, die ein sehr aktives Family Office führt, das fokussiert in nachhaltige Projekte investiert.

Gastro News: Neben der Swing Kitchen wuchs auch das Restaurantkonzept von Habibi und Hawara. Und es konnten gleich mehrere neue Standorte eröffnet werden. Wie ist das gelungen?
Rohla: Bei Habibi und Hawara handelt es sich um eine ganz spezielle Situation. Wir haben zu Beginn des Lockdowns zwei Restaurants zugesperrt und am Ende fünf aufgesperrt. Das heißt wir haben während des Lockdowns drei Restaurants fertig gebaut, von denen zwei bereits in Planung waren. Jetzt müssen wir fünf Betriebe führen. Das ist eine neue Herausforderung. Aber das Habibi und Hawara hat bekanntlich einen ganz anderen Auftrag.

Gastro News: Wie sieht dieser Auftrag aus?
Rohla: Im Habibi und Hawara leben wir den Slogan: Make Menschlichkeit great again. Es geht um die Integration von Geflüchteten. Darum, Menschen eine Basis zu geben und Perspektiven zu schaffen. Darum, eine Existenz und Leben in Österreich zu ermöglichen. Das ist kein profitorientiertes Unternehmen. Ich bin zwar mehrheitlicher Anteilhaber, Gewinne, so sie erwirtschaftet werden, werde ich aber nie entnehmen. Der fließt zurück ins Unternehmen. Damit wir auch weiterhin den selbst erteilten Auftrag erfüllen können, nämlich Menschen zu helfen.

Gastro News: Wie geht es deinem dritten gastronomischen Projekt, der Stadtflucht Bergmühle?
Rohla: Das Projekt hat mittlerweile eine irrsinnige Strahlkraft. Obwohl die Idee dazu aus einer bsoffenen Gschicht entstanden ist. Wir sind ja eigentlich eine Biolandwirtschaft und es wird nur verkocht, was aus dem engsten Umkreis gewonnen wird. Und das auf einem sehr hohen Niveau. Mit Haubenköchen als Küchenchefs. Das ist eine sehr spannende Geschichte. Und die Stadtflucht Bergmühle ist, weil sie ja nur 20 Minuten von Wien entfernt ist, auch einfach die beste Hochzeits- und Partylocation!

Gastro News: Ist dein Gastro-Portfolio damit komplettiert oder planst du weitere Investitionen in diesem Bereich?
Rohla: Eigentlich nicht, aber bekanntlich ist jeden Tag alles anders. Wenn der nächste Termin ein ähnlich sexy Konzept präsentiert, machen wir es eventuell trotzdem auch. John Döner ist ein gutes Beispiel dafür. Da steigen wir gerade ein. Ein großartiges Konzept zum Verkauf von Bio-Dönern, in einem Monat wird am Salzgrieß im ersten Bezirk das erste Restaurant der Gründer aufgesperrt. Darauf freuen wir uns schon.

Gastro News: Dein Interesse an der Branche ist nach wie vor ungebrochen. Obwohl du sie selbst als extrem schwierig beschreibst. Worin liegt denn deiner Meinung nach die Problematik?
Rohla: Wir haben in Wien eine unglaubliche Restaurantdichte. Die größte Dichte an Restaurants weltweit nämlich. Sitzplätze auf Einwohner betrachtet. Und wir haben eine extrem hohe Qualität. In Wien muss man sich bemühen, schlecht essen zu gehen. Im Vergleich zu allen anderen Städten der Welt. Das Fatale daran ist, dass die Preise viel zu niedrig sind. Dass wir viel zu billig sind. Der Wiener Konsument hat nicht gelernt, dass er oder sie einen angemessen Preis für sein oder ihr Essen zu bezahlen hat. Mittagsmenüs um 9,90 können sich nicht rechnen. Darum bin ich sehr vorsichtig mit weiteren Gastro-Beteiligungen.

Gastro News: Eine davon hätte die Weitsicht Cobenzl sein sollen. Für das dein Unternehmen Goodshares damals die Ausschreibung gewonnen hat. Heute ist der Gastronom und Unternehmer Bernd Schlacher als neuer Pächter mit dem Projekt beauftragt. Wie kommts?
Rohla: Wir hatten damals ein tolles Konzept und hätten gemeinsam mit meinem Partner Frank Albert, Supernova rund 15 bis 20 Millionen Euro investiert. Und dann kam Corona. Ich habe mir den eigenen Business-Plan angeschaut und festgestellt, dass rund 70 Prozent der Einnahmen aus Tagungen und Kongressen generiert werden sollten. Damals wusste niemand, wie es mit der Corona-Krise weitergeht. Ich bin ja selber kein Gastronom. Und den Bernd Schlacher kenne ich seit mehr als 30 Jahren. Das ist ein uralter Freund von mir und der beste Gastronom den ich kenne in Österreich, mit dem Attila Dogudan und dem Mario Plachutta. Was er jetzt mit dem Hotel Motto wieder zuwege gebracht hat ist sensationell. Ich konnte dem Bernd das Projekt schmackhaft machen und bin sehr froh darüber, dass es jetzt in seinen Händen ist. Frank Albert ist weiterhin an Bord.

Gastro News: Am 19. Mai 2021 endete der lange Lockdown für die Gastronomiebetriebe in Österreich (ausgenommen Vorarlberg). Welches Lokal hast du damals zuerst besucht?
Rohla: Das war ein Habibi und Hawara. Obwohl ich eigentlich bewusst selten in meine Beteiligungen als Gast gehe. Man muss gewisse Dinge auch loslassen und in die Hände jener geben, die es besser können. Ich kann nur ein lästiger Gast sein. Das bringt aber nichts. Darum besuche ich meine Lokale selten und bin mit großem Vergnügen dann sofort auch ins Motto am Fluss gegangen.

Gastro News: Für welches Projekt brennst du gerade so richtig?
Rohla: Das ist der KastlGreissler, bei dem wir als Goodshares mehrheitlich beteiligt sind. Eine ganz spannende Sache. Wir stellen in strukturschwache ländliche Ortschaften Container, die vollwertige kleine personalfreie Supermärkte sind, mit mehr als 400 unterschiedlichen Artikeln. Die Expansion geht als Franchise Konzept. Dabei müssen mindestens 50 Prozent der angebotenen Ware aus der Region kommen, den Rest organisieren wir. Je mehr der Ware aus der unmittelbaren Umgebung kommt, desto besser. Der KastlGreissler bringt die Nahversorgung zurück in Ortschaften, wo es keinen Wirten oder Supermarkt mehr gibt, unterstützt die umliegenden Produzenten, gibt jungen Leuten die Möglichkeit sich als Unternehmer zu verwirklichen, reduziert sinnlos gefahrene Autokilometer und trägt zur Minderung der sogenannten Landflucht bei. Das funktioniert sensationell und wird mit einem Tochter-Unternehmen auch schon in Deutschland umgesetzt. Wir haben innerhalb eines Jahres schon 11 Franchisenehmer und stellen bis Ende des Jahres mehr als 20 Kastln auf. Eine Schweizer Tochter wird es auch bald geben. Alle reden immer über digitale Geschäftsmodelle. Der KastlGreissler ist das beste Beispiel dafür, dass Skalierung heute auch noch analog funktioniert.

Gastro News: Welchen Tipp kannst du Investoren geben, die weniger Erfahrung in dem Business haben?
Rohla: Um Fehler zu erkennen und zu vermeiden, muss man ein paar Mal auch auf die Schnauze gefallen sein. Wichtig ist, dass die Leute, in die man investiert, für ihre Sache brennen. Außerdem muss alles mit einem ganz ausgetüftelten Zahlenwerk hinterlegt sein. Jeder muss wissen wo die Reise auch auf Zahlenebene hingehen soll. Es muss jede Vision in Zahlen gegossen werden. Und dann ist der Weg zum Ziel vor allem nie eine langsame Gerade, sondern ein rasches ZickZack. Und man muss bereit sein, Pläne auch zu revidieren. Ich zitiere dazu immer gerne zwei Sprüche – „if you cant messure it, you cant manage it“ und „planning is everything, plans are nothing.“

Gastro News: Du trittst als Investor auch im Fernsehen auf. Als einer des Teams in der bekannten Sendung 2 Minuten 2 Millionen, das dieses Jahr mit dem Investor Philipp Maderthaner vergrößert wurde. Wie wurde er aufgenommen?
Rohla: Super. Der Philipp bringt frischen Wind hinein und Expertise, die es so noch nicht gegeben hat. Wir sind mittlerweile acht Investoren, die sich abwechseln. Ich bin bei der nächste Staffel im Jahr 2022 dann wieder bei jeder Sendung mit dabei. Also bei jedem Pitch. Aber mit einer eigenen Funktion. Darüber darf ich aber noch keine Details verraten. Die Dreharbeiten fangen Mitte Oktober an. Das gesamte Team ist einfach großartig.

Gastro News: Hast du noch eine Botschaft an die Wienerinnen und Wiener, bezugnehmend auf die aktuelle Lage der Gastronomie?
Rohla: Die Leute sollen gefälligst wieder viel ausgehen! Das Homeoffice und die geschlossenen Büros haben dazu geführt, dass viele Betriebe aus dem letzten Loch pfeifen. Bis auf ein paar Superstars, die klassischen Platzhirsche, die immer gut besucht sind. Der Rest tut sich schwer. Meine Botschaft lautet daher: Leute, geht’s mehr essen und trinken! Und das kräftig!

Gastro News: Danke für das Gespräch!