Paul Kolarik im Interview: Nobody is perfect!

Dominik Köhler

Paul Kolarik, Betreiber der Luftburg im Wiener Prater. Dem größten 100% BIO Restaurant der Welt. ©Culinarius

Im großen Gastro News Interview spricht der Gastronom Paul Kolarik über die Bedeutung von Google-Bewertungen im Jahr 2021, die Zusammenarbeit mit Viktor Gernot und das kulinarische Konzept der neuen Luftburg.

Die Familie Kolarik zählt ohne jeden Zweifel zu den Big Playern der heimischen Gastro-Landschaft. Dabei trifft die Tradition des Schweizerhauses auf die Innovation der neu gestalteten Luftburg, die von Paul Kolarik samt Team fit für die Zukunft gemacht wurde. Entstanden ist das größte BIO-Lokal der Welt. Gastro News hat den Unternehmer und Gastronomen zum Interview getroffen:

Gastro News: Woher kam die Motivation die Luftburg im Wiener Prater einmal rundum zu erneuern?
Kolarik: Das hatte zwei Motive. Zum einen habe ich das Unternehmen letztes Jahr übernommen und ich glaube, dass es in der Natur der Sache liegt seinen persönlichen Fußabdruck hinterlassen zu wollen. Weiter war das Interieur bereits 12 Jahre alt und teilweise sogar noch älter. In einem hochfrequentierten Gastronomiebetrieb wie der Luftburg, können da gleich weitere acht bis zehn Jahre dazugerechnet werden. Die Neugestaltung war überfällig. Und die größte Motivation hinter dem Projekt lag natürlich darin, die Luftburg zu einem reinen Bio-Betrieb zu machen. Das ist uns gelungen.

Gastro News: Wie kommt das Konzept BIO-Betrieb im Wiener Prater an?
Kolarik: Der Prater ist natürlich eine spannende und bestimmt auch herausfordernde Umgebung für einen reinen Bio-Betrieb. Man würde es bestimmt nicht erwarten, dass ausgerechte hier das größte Bio-Lokal der Welt steht aber wir sind hier fest verwurzelt, verpflanzt. Darum sind wir das Risiko eingegangen, warum auch nicht! Wir haben gute Partner gefunden die uns mit der Qualität beliefern, die unseren Ansprüchen und unseren Mengenvorgaben entsprechen. Und am Ende geht es natürlich auch um unsere persönliche Überzeugung, dass das unser Beitrag sein kann um im Kleinen für eine bessere Welt zu sorgen. ´Nobody is perfect´, aber ich glaube jeder kann seine Schritte setzen um ein nachhaltigeres Wirtschaften zu gewährleisten.

Gastro News: Gab es eine Reaktion der Gäste vor der du dich gefürchtet hast, nachdem die Luftburg neu erfunden und wiedereröffnet wurde?
Kolarik: Schlimm wäre es bloß, wenn der Großteil unserer Besucherinnen und Besucher gesagt hätte, ´lasst mich doch in Ruhe mit dem Bio-Wahn, wer braucht denn schon so ein großes Bio-Lokal im Wiener Prater´. So ist es aber nicht gekommen. Im schlimmsten Fall erhalten wir neutrales Feedback und damit können wir gut leben. Die Meisten freuen sich über den neuen Look und die überarbeitete Karte.

 Gastro News: Wurde die bestehende Mannschaft der Luftburg übernommen oder setzt du auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf das Konzept: Alles neu?
Kolarik: Man muss sagen, die Luftburg ist ja weiterhin die Luftburg. Wir haben uns als Marke neu positioniert und das Interieur geändert, aber wir setzen auf über 90 Prozent des Personals, das wir bereits vor der Umgestaltung beschäftigten. Ein paar sind natürlich durch den langen Lockdown in andere Branchen abgewandert. Zudem gibt es in einem Betrieb unsere Größenordnung immer eine natürliche Fluktuation. Wie überall. Aber tatsächlich können wir auf einen extrem hohen Stammpersonalsatz setzen. ´Never Change a Winning Team´, so heißt es doch.

Gastro News: Der Verkauf des alten Mobiliars der Luftburg ist durch die Aktion mit dem Flohmarkt durch alle Medien gegangen. Auch wir haben damals darüber berichtet. Wie ist es dir dabei gegangen, zumal bestimmt einige der Teile einen nostalgischen Wert hatten?
Kolarik: Ein paar Sachen haben wir natürlich behalten. Es gibt schon den einen oder anderen Bilderrahmen oder alten Hocker von dem wir uns nicht trennen konnten. Aber im Endeffekt war auch das ein schöner Schritt. Unsere Firmenvision lautet Gastfreundschaft, spürbar, nachhaltig. Und altes Mobiliar einer neuen Verwendung zuzuführen ist auch ein Teil dieser Nachhaltigkeit. Viele Leute haben sich gefreut ein Stück Luftburg mit nach Hause nehmen zu können. Oder eben auch andere Betriebe, die mit einem Drittel unserer Sachen ein ganzes Lokal neu einrichten konnten. Wir hatten zudem auf der einen Seite den Vorteil ein paar Einnahmen im Lockdown lukrieren zu können, auf der anderen Seite mussten wir die Sachen nicht entsorgen. Das ist gelebte Kreislaufwirtschaft. Da bin ich wenig emotional. Ich bin eher ein vorwärtsgerichteter Typ und kein Gestriger.

Gastro News: Wer verantwortet das Küchenkonzept und gestaltet die kulinarische Ausrichtung der neuen Luftburg?
Kolarik: In der Luftburg haben wir eine Küchenleiter-Doppelspitze. Dazu gehört unser Küchenchef Markus Kessler, der schon lange bei uns arbeitet. Weiter haben wir seit heuer den Martin Leisser als Verstärkung ins Team geholt. Die zweifache Besetzung ist dem Volumen hier geschuldet. Ein Küchenleiter allein, kann das Tagesgeschäft an sieben Tagen die Woche nicht stemmen. Wir sind ein Ganzjahresbetrieb und haben keinen einzigen Ruhetag. Das macht es notwendig mit zwei Verantwortungsträgern in der Küche zu arbeiten, die sich zudem ausgezeichnet ergänzen.

Gastro News: Wie ist das erste Feedback der Gäste zu den neuen Gerichten ausgefallen und welche Bedeutung haben deiner Ansicht nach online Bewertungen im Jahr 2021?
Kolarik: Gute Bewertungen tragen natürlich einen erheblichen Anteil zum Erfolg eines Betriebs bei. Vor allem in einer Zeit, die von digitalen Kritiken bestimmt ist. Wir spüren das positive Feedback auch in den Reservierungen. Es gibt viele Anfragen für zwei bis vier Personen. Das ist für unseren Betrieb eher untypisch, da wir meisten Anfragen für acht oder mehr Gäste haben. Das stellt uns auch vor neue Aufgaben. Gute Bewertungen sind natürlich Lob und Bürde zugleich. Denn die Erwartungen müssen entsprechend gehalten werden.

Gastro News: Gibt es aktuelle Projekte in der Luftburg-Pipeline für das Jahr 2021?
Kolarik: Tatsächlich denken wir schon heute über die kommenden Jahre nach. Außerdem haben wir gerade erst das Projekt Praterbühne gestartet, gemeinsam mit Viktor Gernot und dem CasaNova Theater. Das ist eine ganz besondere Challenge die uns aber die allergrößte Freude bereitet. Wir haben hier im Gastgarten 900 Sitzplätze und drüben auch bis zu 900 Gäste am Abend. Das ist ressourcentechnisch ein großes Thema und bringt uns in eine Situationen, die uns motiviert im Back-Office besser zu werden.

Gastro News: Welches Gericht isst du gerade besonders gerne in der neuen Luftburg?
Kolarik: Unser Bœuf Stroganoff ist der absolute Hit. Das ist derzeit mein absoluter Favorit. Und an heißeren Tagen, an denen es etwas weniger deftig sein soll, bevorzuge ich das Mailänder Schnitzel. Das ist ein Schnitzel in Parmesan-Panier auf Salat mit Mangolddressing. Grandios!

Gastro News: Danke für das Gespräch.