Peter Dobcak: Nützen wir die Krise als Chance!

Nicole Porranzl

Peter Dobcak, Fachgruppenobmann der Gastronomie, Wirtschaftskammer Wien ©Culinarius

Auch im neuen Jahr darf die Kolumne von Peter Dobcak nicht fehlen. Gastro News freut sich auch dieses Jahr spannenden Input von Herrn Dobcak zu hören!

Peter Dobcak: Ich erspare mir das vergangene Jahr in Form einer Rückschau nochmals Revue passieren zu lassen. Jetzt gilt es zu erkennen, welche Maßnahmen zu treffen sind, um meine Branche, die Gastronomie, gegen Krisen und deren Folgen in Zukunft widerstandsfähiger zu machen.

Ausbildungsreform

An erster Stelle steht eine Reform der Ausbildung. Die Sozialpartner haben dazu bereits in enger Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium ein neues gastronomisches Berufsbild samt Ausbildungsinhalten erarbeitet. Neben der handwerklichen Ausbildung wird der betriebswirtschaftlichen Komponente deutlich mehr Raum gegeben. Damit ist ein wesentlicher, wenn nicht der wesentliche Baustein an notwendigen Maßnahmen gesetzt. Die handwerkliche Qualifikation ist selbstverständliche Voraussetzung, doch der Schritt vom leitenden Mitarbeiter zum selbständigen Unternehmer führt nun mal über die Betriebswirtschaft.

Für jene Menschen, die ohne einschlägige Ausbildung über Jahre Erfahrung in der Gastronomie gesammelt haben und sich entscheiden einen Betrieb führen zu wollen, muss es in Hinkunft verpflichtend sein, eine praktische und theoretische Ausbildung samt Prüfung zu absolvieren. Dazu gehört auch der Abbau von möglichen Sprachbarrieren um zum Beispiel die behördlichen Auflagen und Vorschriften klar verstehen zu können, sowie detaillierte Kenntnis welche Genehmigungen und Bescheide notwendig sind um einen Betrieb offen halten zu dürfen. Das beginnt bei einer gültigen und aktuellen Betriebsanlagengenehmigung und hört noch lange nicht bei einem betrieblichen Hygienekonzept auf.

Man muss kreativ sein

Obwohl es durch die Krise zu einer deutlichen Marktbereinigung kommen wird, wird das gastronomische Angebot in Wien weiterhin sehr vielfältig sein. Das heißt, ein Unternehmer, der nicht genau weiß wofür sein Betrieb steht und dem Gast einen guten Grund liefert, genau seinen Betrieb zu besuchen, wird es besonders schwer haben. Die Zeiten, wo 08/15 Küche genügt ist lange vorbei. Erfolgreiche Betriebe haben ein genaues Konzept und wissen alles über ihre Zielgruppe.

Durch die enorme Dichte des gastronomischen Angebots ist bei unseren Gästen der Eindruck der Selbstverständlichkeit entstanden. Der Gast hat sich über die Existenz der gastronomischen Betriebe und die Verantwortung, die er als Gast hat nicht viele Gedanken gemacht.

Drei Lockdowns haben uns schmerzlich gezeigt, wie wichtig die Gastronomie für unser soziales Leben ist, aber auch als Wirtschaftsfaktor für unzählige damit verbundene Branchen wirkt.

Es liegt an uns Gastronomen, die Wahrnehmung und damit die Wertschätzung unseres Berufes bei den Gästen nachhaltig zum Besseren zu ändern. Mit zum Besseren, meine ich das Ende der Selbstausbeutung, wirtschaftlich sinnvolle Preispolitik und absolute Ausrichtung auf Qualität.

Ein wesentlicher Bestandteil dieser Qualität ist unser Personal. Gute Bezahlung alleine wird als Motivation in der Gastronomie zu arbeiten nicht genügen. Ähnlich der Hotellerie gilt es der Personalführung und damit auch der Personalentwicklung wesentlich mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Das Arbeiten im Tourismus bzw. Gastronomie soll wieder ein erstrebenswertes Ziel sein.

Reform der Gewerbeordnung

All die besten Absichten die Gastronomie auf solide wirtschaftliche Beine zu stellen sind zwecklos, wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen dies kaum möglich machen. Ich kann nur hoffen, dass auch der Gesetzgeber durch die fatalen Auswirkungen dieser Krise erkennt, wie wichtig richtig gesetzte rechtliche Rahmenbedingungen sind. Ganz nach dem Krisen-Motto der Bundesregierung. „So wenig wie möglich, so viel wie notwendig!“ Diesem Credo gilt es auch bei der längst überfälligen Reform der Gewerbeordnung und vielen anderen Vorschriften in Bund und Land zu folgen. Die derzeit gültigen rechtlichen Grundlagen machen eine nachhaltig wirtschaftliche Betriebsführung nahezu unmöglich. Das hat die faktisch unmittelbar einsetzende Liquiditätskrise in der Gastronomie ab dem ersten Lockdown nur zu deutlich gezeigt.

Viele Menschen wünschen sich die Zeit vor Corona zurück. Machen wir nicht diesen Fehler! Nützen wir die Krise als Chance weit über die Wirtschaft hinaus.

Euer Peter Dobcak