Erfolgsgastronom Erich Heindl: Da läuft was schief in der Branche!

Dominik Köhler

Erich Heindl zählt zu Wiens Gastro-Urgesteinen und kennt die Branche wie kein Zweiter ©Palatschinkenkuchl

Im großen Gastro News Interview erzählt der Wiener Spitzengastronom Erich Heindl über Expansionspläne, die bevorstehende Pleitewelle der Branche und eine ihm völlig neue Erfahrung, die er in der Corona-Krise gemacht hat.

Erich Heindl, der Inhaber und Betreiber des beliebten Restaurants Heindls Schmarren & Palatschinkenkuchl in der Grashofgasse, Köllnerhofgasse 4, im 1. Wiener Gemeindebezirk, ist ein echtes Urgestein der Wiener Gastrolandschaft. Mit mehr als 40 Jahren Erfahrung hat er alle Höhen und Tiefen der Branche am eigenen Leib miterlebt. Die Corona Pandemie, sorgte aber sogar bei dem gelernten Konditor für eine Premiere.

Gastro News: Herr Heindl, wie hat es sie in die Gastronomie verschlagen?
Erich Heindl: Meine Leidenschaft zu den süßen Verführungen habe ich schon früh erkannt. Nach der Ausbildung zum Konditor habe ich dann in jungen Jahren am Naschmarkt die Milchbar Palatschinkenkuchl eröffnet. Damals war ich gerade erst 22 Jahre alt. Vier Jahre später folgte die Milchbar Palatschinkenkuchl in der Köllnerhofgasse, im Herzen Wiens. Das waren die Meilensteine. Seit drei Jahren heißt das Lokal im ersten Bezirk Heindls Schmarren & Palatschinkenkuchl. Und der Name ist Programm. Meine Familiengeschichte spielt natürlich auch eine ganz wesentliche Rolle für mein Interesse an den süßen Dingen, der Selbständigkeit und der Gastronomie.

Gastro News: Ihr Vater Walter Heindl gründete im Jahr 1953 die Confiserie Heindl. Heute wird der Betrieb von ihren Brüdern Walter und Andreas geführt. Sie haben einen anderen Weg eingeschlagen, warum?
Erich Heindl: Ich bin quasi das schwarze Schaf dieses brüderlichen Trios. Untätig war ich aber nicht, immerhin habe ich knapp zehn Jahre im Betrieb mitgetan. Dort komme ich her. Wurzeln sind wichtig, die habe ich natürlich bis heute nicht vergessen. Den Drang etwas Eigenes zu machen, hatte ich aber schon immer.

Gastro News: Nach vierzig Jahren in der Branche haben Sie alle denkbaren Höhen und Tiefen miterlebt. Etwas Vergleichbares mit der Corona-Pandemie gab es aber nicht. Wie haben Sie das letzte Jahr erlebt?
Erich Heindl: Die Corona Pandemie hat eine, für mich bislang völlig unbekannte Begleiterscheinung, mitgebracht: Zeit. Ich hatte im vergangenen Jahr so viel Zeit wie noch nie zuvor in meinem Leben. Immerhin habe ich in den letzten 40 Jahren, keinen einzigen Silvesterabend mit der Familie verbracht. Ich musste immer arbeiten. Diesmal war das anders. Die Zeit mit meinen zwei Enkelkindern habe ich sehr genossen und auch die noch verbliebene Zeit mit meinem Vater. Ich habe neben der Corona Krise viele wichtige und schöne Erinnerungen mit der Familie sammeln können.

Gastro News: Als Inhaber und Betreiber von Gastronomiebetrieben tragen Sie auch Verantwortung für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wie ist es Ihnen auf betriebswirtschaftlicher Ebene in der Krise ergangen?
Erich Heindl: Wir haben alle 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kurzarbeit. Und ich muss sagen, dass die staatliche Unterstützung, auch wenn sie nur tröpfchenweise eintrifft, natürlich hilft. Sollte die Corona Krise vorbeigehen, bin ich jedenfalls keiner, der sich beschwert. Den Umsatzersatz für November habe ich bereits erhalten. Und bekanntlich sind die Monate November und Dezember in unserer Branche besonders stark. Es wundert mich daher nicht, dass andere Branchen mit Neid zu uns Gastronomen schauen.

Gastro News: Die Corona Krise hat bekanntlich den Flugverkehr weltweit zum Erliegen gebracht. Damit bleiben auch die Touristen aus. Besonders stark von dem Wegfall dieser Umsatzbringer betroffen, sind die Betriebe der Wiener Innenstadt. Gilt das auch für das Palatschinkenkuchl?
Erich Heindl: Die Restaurants und Betriebe der Wiener Innenstadt hat die Krise tatsächlich besonders hart getroffen. Manche können nur durch den Umsatz, der über die Touristen generiert wird, überleben. Das ist ein großes Problem, das wir glücklicherweise nicht haben. Und die Restaurants im ländlichen Bereich betrifft diese Problematik ohnehin nicht. Da gibt es viele die keine Verluste gemacht haben, sondern sogar Gewinne geschrieben haben. Wir sind gut aufgestellt. Nach 40 Jahren am Markt habe ich gelernt, mit Stresssituation umzugehen. Mit den Touristen verdienen wir das sprichwörtliche Sahnehäubchen.

Gastro News: Die Gastronomie musste sich im Jahr 2020 neu erfinden. Besonders Lieferdienste und Take-Away Angebote haben stark an Bedeutung gewonnen. Wie stehen Sie zu dieser Entwicklung?
Erich Heindl: Ich war noch nie ein Freund von aufgewärmten Gerichten. Und das werde ich auch nicht mehr. Bei Normalbetrieb haben wir natürlich auch Essen für Zuhause angeboten, jetzt rechnet sich das einfach nicht. Aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht zahlt es sich nicht aus. Wir haben geschlossen. Langeweile kommt deswegen aber keine auf. Wir nutzen die Zeit im Lockdown um zu renovieren. Ich bin beinahe täglich im Geschäft um nach dem Rechten zu sehen.

Gastro News: Woran genau wird gearbeitet?
Erich Heindl: Das Palatschinkenkuchl in der Köllnerhofgasse und das in der Grashofgasse sind durch eine Küche miteinander verbunden. Durchgehen kann man als Gast aber nicht. Dort wird gerade die komplette Küche umgebaut und nach meinen Vorstellungen optimiert. Ich gestalte einen Küchen-Prototypen, der für jede Form von Schmarrn-Gerichten und Palatschinken-Variationen perfekt zugeschnitten ist. Diesen Prototypen kann ich dann auch in neuen Standorten einbauen lassen und so die Arbeitsabläufe verbessern.

Gastro News: Sie schauen sich nach neuen Standorten um, das ist ein gutes Zeichen. Wie sehen die nächste Schritte diesbezüglich aus und wo soll eröffnet werden?
Erich Heindl: Ich nutze die Krise um neue Standorte zu lukrieren. An einem Geschäft bin ich ganz konkret dran, das ist aber noch nicht spruchreif. Ich bin mittlerweile 64 Jahre alt, Ruhe gebe ich deshalb aber noch lange keine. Es handelt sich jedenfalls um einen Standort in Wien.

Gastro News: Noch befindet sich die heimische Gastronomie in dem von der Bundesregierung verordneten Lockdown. Das wird hoffentlich nicht immer so sein. Sie haben viel Erfahrung in der Branche, was kommt auf die Gastronominnen und Gastronomen im Jahr 2021 zu?
Erich Heindl: Ich rechne damit, dass wir unsere Betriebe noch bis Ende Februar geschlossen halten müssen. Nach der Wiedereröffnung wird wohl eine große Pleitewelle durch die Branche gehen. Denn sobald die staatliche Unterstützung wegbricht, wird es für Einige kompliziert. Besonders stark betroffen werden all jene sein, die dachten, die Gastronomie sei eine einfache Sache. Die werden wohl die Finger davon lassen.
Allgemein betrachtet haben wir viel zu viele Wirte in Wien. Die Dichte des Angebots ist zu hoch. Wenn die Touristen ausbleiben kann ein Drittel der Betriebe nicht überleben. Und das, nachdem wir 30 Jahre lang Rekordumsätze gemacht haben. Das Eigenkapital in unserer Branche ist einfach schrecklich. Da läuft was schief in der Branche.

Gastro News: Was würden sie sich für die Gastronomie der Zukunft wünschen?
Erich Heindl: Das ist einfach. Ich würde mich über eine Steigerung der Wertschätzung, unserer Branche gegenüber freuen. Und auch die Kollektivverträge sollten besser werden. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten auch an Sonntagen und Feiertagen. Und das teils bis spät in die Nacht. Das sollte nicht als selbstverständlich angesehen werden. Die Preise dürfen wir an den Sonn- und Feiertagen natürlich nicht anpassen. Zuschläge für die Zubereitung von Gerichten in der Nacht gibt es auch keine. Daher finde ich, dass es ganz wichtig ist, schon jetzt die Wertschätzung unsere Branche betreffend neu zu überdenken. Das zählt heute mehr denn je. In jedem Fall freut sich mein gesamtes Team schon sehr darauf, in unseren Betrieben wieder für unsere Gäste zu kochen. Und darauf, alle alten und neuen Gäste, herzlich im Palatschinkenkuchl willkommen zu heißen.

Gastro News: Vielen Dank für das Gespräch.