Woher kommt das Vieh?

Marko Locatin

Es liegt in der Natur der Sache, dass gewisse Themen je nach Saison immer wieder in den Medien auftauchen. Im Sommer bewegt das gratis Glas Leitungswasser die Gemüter, nach den Feiertagen im Winter das Thema bewusste Ernährung. Stets begleitet von der Forderung einer verpflichtenden Herkunftsbezeichnung der Lebensmittel in der Gastronomie. Ernähre ich mich bewusst, möchte ich schon gerne wissen, woher das Vieh kommt, das mir die Küche so gekonnt zubereitet. An sich eine legitime Forderung und so schwer kann es bitte nicht sein, auf die Speisekarte die Herkunft zu schreiben. Ist es auch nicht, wären da nicht 3 wesentliche Punkte zu berücksichtigen:

 

  • die Verfügbarkeit und damit verbundene rechtliche Konsequenzen
  • der bürokratische Aufwand samt Erklärungsbedarf vor dem Gast
  • der Preis und damit die Nachfrage

In einer idealen gastronomischen Welt hat jeder Wirt für seine bestimmten Lebensmittel den Lieferanten seines Vertrauens. Sei es der Obst- und Gemüsebauer aus dem Marchfeld, der seine Ware jeden Tag frisch liefert oder der Landwirt, der sein Freilandrind, Schwein oder Huhn 2 x pro Woche vorbeibringt. Diese Lieferanten sind zu Recht und mit Stolz in der Speisekarte vermerkt. Denn wir wissen um den hohen Standard und die tolle Qualität unserer Lebensmittel. Es wäre für den Ruf des Gastronomen auch nicht wirklich dienlich in die Speisekarte schreiben zu müssen, dass das Fleisch für das Schnitzel aus einer Massentierhaltung im Ausland stammt.

So viel zur Psychologie der Landwirtschaft dahinter.

Was dabei gerne übersehen wird, ist die Tatsache, dass die österreichische Landwirtschaft den Lebensmittelbedarf von Herrn und Frau Österreicher nicht alleine decken kann. Es müssen Lebensmittel aus dem Ausland importiert werden. Alleine die zu Martini benötigten Gänse sind nur zu einem geringen Teil wirklich in Österreich aufgezogen worden. Von Massenprodukten wie Hühner- oder Schweinefleisch gar nicht zu reden.

Also, was macht der Gastronom, wenn sein Fleischer nicht liefern kann, weil das Rind aus dem angegebenen Gebiet derzeit nicht verfügbar ist? Verschweigt er es, macht er sich strafbar und ruiniert seinen Ruf. Schreibt er die Speisekarte jedesmal neu oder erklärt er dem Gast, dass das Fleisch vom Tafelspitz heute von einem anderen Bauern kommt? Falls überhaupt ein anderer Bauer zur Hand ist, wenn er nur als Notnagel dient. Telefoniert sich der Wirt stundenlang durch die Großhändler um doch das richtige Produkt zu bekommen? Wohl eher nicht. Bleibt nur noch der dementsprechende Einkauf auf Vorrat – so viel zu frischen Produkten.

Doch der wirklich entscheidende Faktor ist und bleibt der Preis. Grundsätzlich ist für alle bisher erwähnten Probleme eine Lösung möglich, es ist, wie so oft, nur eine Frage des Geldes.

Dann ist allerdings Schluss mit dem Schweinsschnitzel um € 13,50 oder weniger. Das wird die Gretchenfrage sein: „Wie lange dauert es, bis die Mehrheit der Gäste bereit ist für ein Schweinsschnitzel € 20,00 und mehr zu bezahlen?“.

Das erklärte Ziel der Politik und der Landwirtschaft ist es, die Einfuhr von Billigfleisch zu stoppen, die Dauerrabatte für Fleisch im Lebensmittelhandel zu verbieten und damit die Ernährung der Bevölkerung gesünder zu machen. Es gilt aber auch die Forderung der Politik: „Unser Schnitzel muss leistbar bleiben!“. Die Lösung dieses Widerspruchs darf keinesfalls schon wieder der Gastronomie alleine aufgezwungen werden!

Bleiben wir ehrlich, wenn mein Budget zur Ernährung der Familie nur ein mit Wasser aufgeblasenes Stück Fleisch aus der Massentierhaltung zulässt, ist mir die Herkunft völlig egal.

Euer

Peter Dobcak