Paul Appenzeller: „Großteil der Fassbiere wird falsch gezapft“

Marko Locatin

Richtig Bier zapfen ist eigentlich nicht so schwer ©iStock Symbolbild

Was ist Rezenz? Und kennen Sie die Schaumtaste? In den nächsten Wochen widmen wir uns regelmäßig verschiedenen Themen zum Thema Bierkultur. Dieses Mal sprechen wir mit Paul Appenzeller von der Privatbrauerei Egger über die Kunst des Bierzapfens. Seine Tipps sollten Gastronomen beherzigen und Gäste beachten.

Oft wird Bier beim Zapfen durch Unwissenheit oder auch durch Gleichgültigkeit unsachgemäß behandelt. (Siehe auch: Die 7 Schanksünden). „Wir stecken so viel Liebe und Leidenschaft in die Herstellung unserer Biere, da wollen wir sicherstellen, dass dies auch letztendlich beim Gast ankommt“ sagt Paul Appenzeller, Biersommelier und Gebietsverkaufsleiter für Wien und Niederösterreich der Privatbrauerei Egger. „Darum biete ich auch immer Zapfschulungen an. Denn Biertrinken ist ein emotionales Erlebnis und dazu gehört einfach perfekt gezapftes Bier.“ Richtig zapfen sei eigentlich nicht schwer. „Trotzdem fließt ein Großteil aller in der Gastronomie ausgeschenkten Fassbiere fehlerhaft ins schöne Glas. Und das hat ganz erheblichen Einfluss auf den Geschmack – und auf den Bierumsatz!“, ärgert sich Appenzeller. Hier kommen seine Tipps, die es zu beherzigen gilt:

Wichtig: Korrekte Vorbereitung des Glases

Das saubere Glas mit spülmittelfreiem, kaltem Wasser ausspülen (Gläserdusche), um einen kompakten, stabilen Schaum zu bekommen. Nutzen: etwaige Spülrückstände werden entfernt, Glas wird vorgekühlt, Bier bleibt länger in idealer Trinktemperatur. Ist das Glas warm, verliert das Bier an Kohlensäure. Dann wird es schnell schal und der Schaum fällt in sich zusammen.

Paul Appenzeller, Gebietsverkaufsleiter für Wien und NÖ der Privatbrauerei Egger @ Marius Höfinger

Richtig zapfen braucht Zeit 

Bier wird idealerweise auf drei Mal gezapft. Durch die schräge Haltung des Glases und das geschulte Auge des Fachpersonals wird das richtige Schaumbild gesteuert. Das saubere, vorgespülte Glas so unter den voll geöffneten Zapfhahn halten, dass das Bier an der Innenwandung des Glases entlangläuft. Bier muss fließen. Hahn bitte nicht am Glas anstehen lassen. Glas bis zur Hälfte füllen und „etwa“ 1 Minute neben – nicht unter dem Zapfhahn stehen lassen! Dann nachzapfen und Glas füllen. Wieder kurz warten und dann die Schaumkrone aufsetzen, also rausheben. Zelebriert man so das Zapfen, wird es sich automatisch in höherem Bierumsatz niederschlagen – es schmeckt einfach besser.

Achtung Hygiene 

1) Zapfhahn ins Bier eintauchen

So vermehren sich Mikroben explosionsartig. Diese gibt man dann von Glas zu Glas weiter. Außerdem wird dabei über den Zapfhahn Luft in die Flüssigkeit gepumpt und das wirkt sich negativ auf die Frische des Bieres die „Rezenz“ (Anmerkung: Unter Rezenz versteht man den Eindruck, der beim Trinken eines Bieres im Mund durch die enthaltene und freigesetzte Kohlensäure entsteht) aus.

2) Verwendetes Glas erneut benutzen bzw. an der Gläserdusche ausspülen:

Hygiene Overkill!! Mundflora des Gastes wird dann durch die Gläserdusche weitergegeben. Taucht man jetzt den Zapfhahn auch noch ins Glas – hat praktisch jeder Gast im Lokal jeden „geküsst“. Außerdem beeinflusst das Fett von der Lippe das Schaumbild negativ.

3) Die „Schaumtaste“ verwenden

Den Zapfhahn kann man in zwei Richtungen bewegen: zum Körper und in die Gegenrichtung. Zum Körper öffnet den Hahn und Bier fließt durch (Durchfluss-Hebel). Die Bewegung des Hebels in entgegengesetzter Richtung bewirkt, dass NUR Schaum fließt. Leider eine weit verbreitete Unart beim Zapfen. Sehe ich das – nehme ich das Bier nicht an. Es wird dadurch die Oberfläche des Bieres aufgerissen und treibt die Kohlensäure aus. Es schmeckt dadurch schaler, der Schaum ist grobporig und fällt schneller zusammen.

Die Egger Privatbrauerei ist auch Partner der Wiener Restaurantwoche 2020, die vom 2-.8. März statt findet.

Weitere Informationen: www.restaurantwoche.wien