Der Hannes schließt: „Fachpersonal für Familienbetriebe fast unleistbar“

Lorenz Haubner

Hannes Koletnik und Sohn Mathias führten seit 2016 das "der Hannes" ©Wynn Florante

18 Jahre Gastronomie, davor 22 Jahre Polizei: Hannes Koletnik, Wirt im „der Hannes“ ist ein Mann mit Format. Nun schließt der gebürtige Steirer die Türen auf der Wieden. Mit uns spricht er über seine Liebe zum Lokal, Mitarbeitersuche und warum in Wien manche Dinge etwas schwieriger sind. 

Freihausviertel, Preßgasse 29, 15 Uhr: Mit einem kräftigen Händedruck begrüßt uns Hannes Koletnik. Gelegen in einem ebenerdigen Ziegelgewölbe im Freihausviertel, ist „Der Hannes“ ein gemütliches Lokal. Die Bierauswahl umfasst heimische Biere wie Murauer, Zwettler Saphir Pils und bayrische Biere. Auf der Weinkarte finden sich größtenteils österreichische Winzer. Die Speisekarte: Klassiker der österreichischen Küche wie Schweinsbraten und Gulasch. Alles in allem ein stimmiges Konzept. Trotzdem wird mit Februar 2020 Schluss sein.

Gastro News Wien: Herr Koletnik, wie sind Sie zum „der Hannes“ gekommen? 

Hannes Koletnik im Gespräch mit Gastro News Wien ©Wynn Florante

Hannes Koletnik: Ich war 22 Jahre bei der Polizei, habe dann über die Immobilien-Branche zur Gastronomie gefunden. Ein Bekannter ist dann damit an mich herangetreten. In das Ziegelsteingewölbe habe ich mich sofort verliebt. Mit einem Investor wurde alles von Grund auf saniert, seit 2016 sind wir da. Mein Sohn Mathias ist gelernter Koch und gemeinsam haben wir uns unter die Top 50 von 4000 Lokalen auf Tripadvisor gekocht. Mein Zugang ist: Ich biete das an, was ich selber genau so essen würde. Unser Fleisch ist vom Hödl, Eier und Erdäpfel kommen aus Niederösterreich, die Ware ist nachhaltig. Aber ich habe das Gefühl, das Nachhaltige wird gar nicht mehr so gewollt, den Leuten scheint es leider mehr um den Preis zu gehen. Wir haben hier ein breites Publikum gehabt. Aus aller Welt waren Leute zu Gast, die ich bewirten durfte.

Was hat Sie dann dazu bewogen, zu schließen?

Mir ist klar geworden, dass sich das so in dieser Form für mich nicht mehr rechnet. Da haben ein paar Faktoren mitgespielt. Es ist beispielsweise für einen kleinen Betrieb fast unmöglich, bezahlbares Personal zu finden. Also stehst du selber in der Küche, 8-16h Stunden am Tag. Dadurch fehlst du als Wirt, als Persönlichkeit im Lokal. Die Leute fragen zwei Mal: „Ist der Wirt da?“, ein drittes Mal kommen sie nicht mehr. Das ist auch nicht mein Verständnis von Gastronomie. Anderseits hatten wir unter den heißen Sommern sehr zu leiden. Unser Gastgarten hat 20 Plätze, wenn es wirklich heiß ist, flüchten die Leute aus der Stadt.

Stichwort Fachpersonal: Welche Problematik gibt es hier aus Ihrer Sicht?

„Ohne Fachpersonal fehlt der Wirt im Lokal“ ©Wynn Florante

Das Einstiegsgehalt von einem gelernten Koch beginnt bei 55 000 Euro im Jahr. Das ist für ein kleines Lokal fast unmöglich zu stemmen. Versteh´mich nicht falsch: Ich will keinen Porsche fahren, ich will anständige Löhne zahlen. Aber das liegt nicht nur an mir, ich muss es mir auch leisten können. Wenn die Lohnsteuer nicht gesenkt wird, sehe ich ehrlich gesagt für viele schwarz. Die Gäste haben das auch ein Stück weit in der Hand. Wenn jemand das Schnitzel um 11 Euro haben möchte, sollte er sich fragen, wie der Wirt sein Personal davon bezahlen kann. Wir hatten wenige Negativkommentare, aber wenn, dann ging es fast immer um den Preis.

Wie ist der Umgang der Behörden mit der Gastronomie aus Ihrer Sicht?

Mir kommt alles manchmal irrsinnig schwerfällig vor. Im ersten Jahr haben wir drei Monate auf den Bescheid für den Schanigarten gewartet, zum Glück war es ein regnerischer Sommer (lacht). Man steht als Gastronom  vor großen Herausforderungen im täglichen Betrieb und dann kommen die Behörden mit mühsamen Kleinigkeiten. Wir haben beispielsweise einen Erhebungsbogen bekommen, weil eine um 5 Zentimeter größere LED-Leuchte auf einer Tafel angebracht haben, die da seit 20 Jahren hängt. Das war ehrlich gesagt ein Entscheidungshelfer für mich, wo ich gesagt habe: Gut, mir reicht es.

Ihre Stammgäste haben auf Facebook großes Bedauern über das Aus geäußert. Wie ist Ihr Resümee und wie geht es bei Ihnen jetzt weiter?

Es war eine schöne Zeit, wir haben Leuten aus aller Welt die österreichische Küche näher gebracht. Aber ich muss vernünftig sein, habe mit 56 nicht mehr die Zeit zu sagen: Ich schau es mir noch 2-3 Jahre an. Ich kann nicht nur fürs System arbeiten gehen. Es wird am 24.1 ein großes  Abschiedsfest mit Livemusik geben. Ein neuer Pächter ist bereits gefunden, ich hoffe Charakter und Charme des Lokals bleiben weiterhin bestehen. Für mich ist nach 18 Jahren Gastronomie Schluss. Am liebsten möchte ich wieder als Projektmanager arbeiten.

Vielen Dank für das Gespräch!