Sonst haben wir keine Probleme

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Es liegt in der Natur der demokratischen Entscheidungsfindung, dass alle involvierten Seiten laut und in den grellsten Farben die fatalen Konsequenzen schildern, wenn eine Entscheidung nicht so ausgehen könnte, wie gefordert. Selten siegt die Vernunft, meist nur das Ziel möglichst viel der eigenen Interessen im finalen Text untergebracht oder etwas gleich verhindert zu haben. Soweit so gut, denn unsere auf dem Interessenausgleich basierende Sozialpartnerschaft hat im Großen und Ganzen immer noch eine konsensuale und vor allem friedliche Lösung gefunden.

Was allerdings seit dem Ende der türkis/blauen Koalition im Parlament abgeht, ist trotz aller Beteuerungen Irrsinn im Brexit-Kleinformat. Einerseits Besonnenheit zu predigen und sich andererseits sofort auf das populistische Thema „Rauchverbot in der Gastronomie“ zu stürzen, ist so durchsichtig wie die Unschuldsbeteuerungen unserer Ibiza-Boys, den eigentlichen Auslösern dieser neuerlichen Diskussion.

Um das nochmals ganz klar zu machen, ich rede weder der Raucherfraktion noch der Nichtraucherfraktion das Wort! Es ist als Interessenvertreter der Gastronomen in Wien meine Aufgabe, auf die zu erwartenden Konsequenzen für Anrainer, Zulieferer und die Gastronomen selbst hinzuweisen. Manchen Betrieben wird das Rauchverbot egal sein, weil sie schon rauchfrei sind, für manche wird es allerdings katastrophale Konsequenzen haben. Jedenfalls wird es zu gesteigerter Lärmbelästigung und damit vermehrt zu Anzeigen von betroffenen Anrainern kommen.

Eine reine schwarz-weiß Lösung wird zu wenig sein, denn die Gastronomie ist eine derart vielfältige Branche, dass eine einzige Lösung zu noch mehr Problemen auf anderer Ebene führen wird. Von Planbarkeit und Vertrauen in den Gesetzgeber will ich gar nicht beginnen zu sprechen.

Leider sind wir Gastronomen bisher mit unseren Bedenken bei allen Vertretern, bis auf die der FPÖ, auf taube Ohren gestoßen. Besonders eifrig setzt sich die SPÖ in der Person der Bundesparteiobfrau für das Kippen der derzeitigen Regelung ein. Bei jeder Gelegenheit prangert sie die Verantwortungslosigkeit der ÖVP an, weil diese gemeinsam mit der FPÖ das damalige Verbot verhindert hat. Die ÖVP, selbst in dieser Frage gespalten, spekuliert mit einem Großteil der Stimmen der 900.000 Unterzeichner des Don’t Smoke Volksbegehrens, vergisst aber scheinbar auf die 2,4 Mio Raucher in Österreich, die damals geschwiegen haben, weil die Wahlfreiheit sowieso gültig war. Nicht alle Raucher wählen zwangsläufig die FPÖ.

Den Vogel abgeschossen hat allerdings die sowieso um Glaubwürdigkeit ringende SPÖ, die sich im Parlament betroffen und entsetzt gibt, wie man nur gegen ein generelles Rauchverbot ohne Ausnahme in der Gastronomie sein kann. Auf dem Donauinselfest 2019 schreibt sie allerdings den dort operierenden Gastronomen schriftlich vor Tabakwaren, noch dazu von einer bestimmten Marke, verkaufen zu müssen!! Wie so oft zeigt sich, sobald es darum geht irgendwo Geld einkassieren zu können, wird auf die Moral vergessen und die Gesundheit ist plötzlich egal, gleichgültig ob man das Fest jetzt als „größten Schanigarten der Welt“ bezeichnet oder nicht.

Das Chaos in der Entscheidungsfindung samt kreativer Nebengeräusche auf der Donauinsel sollte unseren Volksvertretern im Parlament deutlich als Beweis dienen, dass eine schwarz-weiß Lösung zum Thema Rauchverbot in der Gastronomie zu wenig ist. Wir brauchen gesonderte Bestimmungen für die Nachtgastronomie, die Bars und die mehr als 500 Shisha-Lokale um die Lebensqualität der Anrainer sowie das wirtschaftliche Überleben der betroffenen Betriebe samt deren Mitarbeitern abzusichern. Denn Wien ist nicht Italien, wo der Nachbar aus dem 1. Stock mitfeiert. Bei uns kommt die Polizei weil der Nachbar Anzeige wegen Lärmbelästigung erstattet hat.

Euer

Peter Dobcak