Lingenhel – das ist Wiens erste Stadtkäserei

Michaela Reisel

Das Lingenhel im 3. Wiener Bezirk ist längst zum Fixpunkt für Genussliebhaber geworden. Ein Konglomerat des guten Geschmacks: Delikatessen, Wein, Haubenrestaurant – und Wiens erste Stadtkäserei. Johannes Lingenhel gibt einen Einblick ins Herzstück seines Hauses. Und verrät seine Faszination an „la trasformazione di latte“.

Johannes Lingenhel liebt Genuss. Und Käse sowieso. Bevor der gebürtige Vorarlberger im Jahr 2016 das nach ihm benannte Lingenhel in der Landstraßer Hauptstraße 74 eröffnete, hatte er berufsbedingt bereits gut 20 Jahre mit feinsten Delikatessen zu tun. „Mir war immer schon wichtig zu sehen, wie etwas entsteht. Ich war z. B. in Spanien und habe Cava gemacht. In Italien habe ich Proscuitti und Salami gemacht.“ Auch mit dem Käsemachen kam Lingenhel bereits vor Jahren in Berührung. Sein guter Freund Robert Paget betreibt im Kamptal eine Büffelfarm. „Bevor ich das Lingenhel eröffnet habe, war ich ein Jahr lang fast jedes Wochenende im Waldviertel und habe mit Robert Käse gemacht. Wir haben gelacht, geflucht, und am Ende des Tages die frischeste Mozzarella in Händen gehalten, die man in Wien bekommen kann.“

„Früher habe ich Käse gekauft, ihn affiniert und weiterverkauft.“ Mit dem eigenen Geschäft reichte das nicht mehr. „Ich wollte einen Schritt weitergehen. Die einzig logische Konsequenz war, Käse zu produzieren.“ Die Idee zur eigenen Käserei – der ersten Stadtkäserei Wiens – war geboren. Mit ihr hat Johannes Lingenhel ein Stück Lebensmittelhandwerk in die Stadt geholt.

Ein Blick ins Lingenhel: Im Vordergrund Feinkost und Shop, im hinteren Bereich das Haubenrestaurant © Christof Wagner

Mitten im Dritten – Ein Blick in Wiens erste Stadtkäserei …

„Machen wir doch eine Käserei hier. Zeigen wir den Leuten, was man mit Büffelmilch machen kann und was wirklich frischer Ziegenfrischkäse heißt. Nicht einer, auf dem steht, mindestens 45 Tage haltbar. Das hat mit Frischkäse nichts zu tun. Frischkäse machen wir heute und morgen verkaufen wir ihn. Das ist das Prinzip.“

Mitten im dritten Bezirk – in den ehemaligen Hofstallungen von Marie von Ebner Eschenbach – im geschäftigen Treiben auf der Landstraßer Hauptstraße, befindet sich das Herzstück des Hauses: Wiens erste Stadtkäserei, in der Johannes Lingenhel selbst jeden Tag Frischkäse herstellt. Einmal die Woche tauscht Robert Paget seine Büffelfarm im Kamptal gegen die Käserei im Lingenhel. Verarbeitet werden Büffel-, Ziegen- und Kuhmilch. Camembert, Brie, Mozzarella – allesamt Weichkäse aus Weißkulturen oder Frischkäse. Aus Schafmilch wird zusätzlich Joghurt gemacht. Die Büffelmilch ist ein rares Gut – daher wird es wahrscheinlich wieder ab 2019 eine Büffelmilch geben.

Ein Blick durch die Scheibe: Johannes Lingenhel (re) und Robert Paget (li) beim Käsen © Ian Ehm

Uralte Tradition erfährt Renaissance im Lingenhel

Eine Spezialität des Lingenhel sind Käsecuvees. Cuvees? Da denke man erstmal an Wein, so Lingenhel: „Burgundercuvees oder Rotweincuvees sind gang und gebe. In der Käsewelt ist es relativ selten, wobei es eigentlich eine Uralttradition ist.“ Für große Käsereien rentiere es sich heute nicht mehr, Mischkäse aus Milch von verschiedenen Tieren zu produzieren. Johannes Lingenhel möchte die alte Tradition wieder ein bisschen kultivieren.

Das geht sich aus, denn im Lingenhel geht es nicht darum, in besonders kurzer Zeit möglichst große Mengen herzustellen. Da die Käserei lediglich einen Aspekt der Lingenhel’schen Genussoase darstellt, darf es hier ganz und gar um Genuss gehen, um Leidenschaft und das Gesamterlebnis Käse. Aus Cuvees werden hier Camembert und Brie produziert. „Mein Lieblingscuvee besteht aus zwei Drittel Büffelmilch und ein Drittel Ziegenmilch. Jede der Milchsorten bringt einen gewissen Part mit hinein. Von der Büffelmilch kommt dieses Voluminöse und Moschusartige. Das wirklich Volle und Kräftige. Ziegenmilch macht das Ganze so rinnend, tänzelnd und leicht. Sie ist sehr fruchtig und grasig.“

 

Johannes Lingenhel bei der Mozzarella-Produktion © Ian Ehm

Käsekurse im Lingenhel – Käse selbst machen

Einmal im Monat findet im Haus ein Käsekurs statt. Der Genuss von Käse beginnt schließlich nicht erst mit dem Essen. Es geht ums „Selbermachen, mit beiden Armen in der Milch, im lauwarmen Käsebruch drinnen zu sein.“ Um den Duft von frischer Molke in der Nase, das Rühren, das Erlebnis der Transformation von Milch zu selbstgemachtem Käse – eben la trasformazione di latte.

Der Kurs findet meist an einem Wochentag (Mittwoch oder Donnerstag) statt, Dauer: 17 bis 21:30 Uhr. Die Teilnehmerzahl ist auf 10 bis maximal 15 Personen beschränkt. Mit ihnen stellen Robert Paget und Johannes Lingenhel Camembert her. Nach einem Begrüßungsdrink wird gekäst, im Anschluss serviert die Küche des Haubenrestaurants ein Abendessen), als krönenden Abschluss eine umfangreiche Käseverkostung.

Aufgrund der hohen Nachfrage werden für Firmen eigene Tage und Termine geblockt. Anmeldung unter office@lingenhel.com. Gruppen- oder Firmenanfragen telefonisch unter +43 1 7101566. Hier geht’s zu weiteren Infos.

 

Lingenhel

Landstraßer Hauptstraße 74, 1030 Wien

www.lingenhel.com

+43 1 7101566