Laut Studie: Viel negative Kritik für Tourismusausbildung

Philipp Stottan

© Christian Mikes

Einen „Weckruf für die Tourismusausbildung in Österreich“ nannte Harald Hafner, Präsident des Travel Industry Club, die Ergebnisse einer Ausbildungsstudie, die bei einer Networking-Veranstaltung am Dienstagabend im Wiener Falkensteiner Hotel Margareten präsentiert wurde. Das aktuelle Ausbildungsangebot werde nur zu 50 Prozent positiv beurteilt und auf der Schulnotenskala lediglich mit einem Befriedigend bewertet.

Auch wenn der Big-Data-Zug längst abgefahren und die Digitalisierung insgesamt ein „vernebeltes Gelände“ sei, Smart-Data-Anwendungen und Ausbildung brauche der Tourismus dringend. Insbesondere die diametral entgegen gesetzten Anforderungen und Wünsche von Tourismuspraktikern und Studierenden sollten bei den Lehrenden zu einem Umdenken und einer Neuausrichtung der Inhalte und didaktischen Vermittlung führen, meinte Hafner und betonte, Grundlagen wie Mathematik, Statistik, Soziologie und Psychologie seien Pflichtprogramm, aber bitte mit neuen und kreativen Ansätzen und Methoden.

Ausbildner kontern: Der Mensch zählt

Die anwesenden Professoren der Modul University und Tourismusschulen ließen dies so nicht gelten. Österreichs Ausbildungssystem im Tourismus sei international anerkannt und wettbewerbsfähig. Florian Aubke von der Modul University meinte, die Inhalte, Strukturen und Methoden würden laufend adaptiert, man sei gut aufgestellt. Werner Schnabel, Leiter der WKW Modul Tourismuschulen, verwies auf die bestehende Autonomie innerhalb des Ausbildungssystems und die gute Zusammenarbeit mit der Praxis. Da sei man am Puls der Zeit und könne jederzeit rasch und gut reagieren.

Gleichzeitig räumte Schnabl ein, dass der ganze Ausbildungsapparat Behörden-getrieben sei. Die Tourismusschulen unterliegen strengen Vorgaben, Lehrpläne seien im Schnitt 16 Jahre in Kraft und würden mit Inhalten und Anforderungen überfrachtet. Allein in einer lebenden Fremdsprache müssten in der Ausbildung 36 Kompetenzen „abgearbeitet“ werden. Die Digitalisierung selbst sei eine Querschnittmaterie, sollte überall vorkommen. Hier gäbe es viele unterschiedliche Ansprüche, ein gemeinsamer Nenner sei schwer zu finden. Oft genug müssten Lehrpläne ignoriert werden, um neue Inhalte unterzubringen.

Ausbildung ist nicht alles

Schnabel betonte, dass der Tourismus trotz aller Digitalisierung von persönlichen Kontakten und Menschen lebt. 140 Mio. Nächtigungen werden österreichweit jährlich überwiegend in privatwirtschaftlichen Unternehmen gemacht, aber bestimmt nicht deshalb, weil Bots für die Beantwortung von E-Mails, Telefonanrufbeantworter oder Roboter zum Check-in eingesetzt werden. „Genau das will der Gast nicht“, sagte Schnabl und ergänzte zu den Zielen der Ausbildungslehrgänge, man müsse die Dinge immer auch anfrage- und nachfrageseitig sehen.

Etwas für das Branchenimage tun

Dirk Fuhrer, Chief Commercial Officer der Falkensteiner Hotelgruppe, forderte von den Absolventen und zukünftigen Mitarbeitern zumindest ein Grundverständnis von CRM-(Kundenmanagement)-Systemen, Distributions- und Verkaufskanälen sowie Online-Marketing, SEO und Social-Media-Instrumenten. Generell wichtig sind soziale Kompetenz und emotionale Intelligenz, um Kundenerlebnisse gestalten zu können. Doch bei all den schönen Wünschen gab der Hotelmanager auch ein Grundproblem zu verstehen: „Wir tun uns heute schon sehr schwer, gutes Personal zu rekrutieren. Wir müssen etwas für das Branchenimage tun.“