Ist die Sozialpartnerschaft tot?

Michaela Reisel
(c) iStock Nastco

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Von Peter Dobcak

„Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit.“ So lautet ein altbekannter Spruch, dessen Richtigkeit sich immer wieder beweist. Den Betroffenen ergeht es ähnlich wie einem betrogenen Ehepartner, alle wissen es schon, doch selbst kapiert man es zuletzt. Genau daran erinnert mich das Verhalten mancher Spitzenfunktionäre der ein oder anderen Kammer, die scheinbar mutwillig mit völlig überzogenen, ja geradezu destruktiven Aktionen die Diskussion um die Abschaffung der Sozialpartnerschaft befeuern. Hauptsache das eigene Klientel auf Teufel komm raus bedienen, obwohl dieses selbst schon ob ihrer Vertreter den Kopf schüttelt.

Das vor kurzer Zeit veröffentlichte Video der AK-Oberösterreich ist ein gutes Beispiel dafür wie sich manche Interessenvertreter offensichtlich noch immer im Klassenkampf des frühen 20. Jahrhunderts wähnen. Die Vertreter der Arbeitnehmer haben in den letzten Jahrzehnten sehr viel erreicht. Ein kurzer Blick in die Geschichte erinnert uns an Zustände, die sich kein Mensch zurück wünscht. Darüber gibt es nichts zu diskutieren! Doch diese Art der Interessenvertretung zerstört nicht nur jegliche Gesprächsbasis, sondern diskriminiert die Unternehmer in einer nicht zu akzeptierenden Art und Weise.

Der Beginn der Sozialpartnerschaft war getragen von einer gemeinsamen Vision:

„Eine bessere und gerechtere Welt für alle Bürger Österreichs.“

Der noch nie da gewesene Wirtschaftsaufschwung als Resultat der gemeinsamen Anstrengung hat dies ermöglicht. Durch eine enorme Verschuldungspolitik wurden der soziale Friede und damit viele Wählerstimmen einseitig über das wirtschaftlich vernünftige Maß hinaus gesichert. Jegliche Warnungen der Wirtschaft, dass das System so bald nicht mehr zu finanzieren sei, leider leichtfertig ignoriert.

Ich habe auf Seite der Arbeitnehmervertretung viele intelligente und engagierte Menschen kennengelernt. Auch diese haben erkannt, dass es einer grundsätzlichen Änderung bedarf um unsere wirtschaftliche Zukunft und damit die soziale Zufriedenheit auf vernünftigem Niveau zu sichern. Die Sozialpartnerschaft steht heute vor ihrer zweiten historischen Chance, das Land abermals in eine gute Zukunft zu führen.

Das bedeutet vor allem seinen eigenen Mitgliedern klar zu machen, dass der Aufschwung vorbei ist und wir alle ein wenig Verzicht üben müssen. Denn mehr ist es in Wirklichkeit nicht, wenn wir nur ein wenig über den Tellerrand blicken und uns die Situation in Ländern wenige Kilometer jenseits unserer Grenzen ansehen. Als gewiefter Unternehmer kann man dort noch richtig Geld verdienen. Allerdings auf wessen Kosten? Für die Betriebe in unserer Heimat ist das klar. Doch die Forderung nach Gerechtigkeit heißt auch einen fairen Unternehmerlohn für jene die das gesamte Risiko tragen einzufordern. In immer mehr Klein- und Mittelbetrieben verdienen die Betreiber mittlerweile weniger als ihre Mitarbeiter. Die Gastronomie ist ein gutes Beispiel dafür.

Nützen wir als Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretung die Chance, setzen wir unsererseits der Regierung die Daumenschrauben an. Fordern wir gemeinsam längst überfällige Reformen, zum Beispiel in der Verwaltung, ein. Dass es dabei Gruppen gibt, die auf wohlerworbene Rechte verzichten werden müssen, liegt in der Natur der Sache.

Am Ende geht es um die Zukunft unserer Kinder und um die Frage: „Geben die Sozialpartner das Feuer ihrer Gründerväter weiter oder beten sie nur deren Asche an?“

 

Euer

Peter Dobcak