Es geht doch alles über Bio, oder?

Andrea Wieger

Glücklicherweise überlegen sich heutzutage bereits immer mehr Menschen woher das Essen auf dem Teller vor ihnen eigentlich stammt. Und auch wie es entstanden, geerntet, produziert wurde. Es gab und gibt nach wie vor diverse Lebensmitteltrends, die manchmal mehr, manchmal weniger Anhänger finden. Doch egal ob vegetarisch, vegan, gluten- oder laktosefrei – die Überkategorien lauten „Bio“ oder eben „nicht Bio“ (konventionell).

Eine Frau, die seit vielen Jahren ausschließlich Lebensmittel der zuerst genannten Kategorie zu sich nimmt und davon mit jeder Faser ihres Körpers überzeugt ist, heißt Cristina Rojik. Sie wuchs im ländlichen Süden Rumäniens mit Großmutter´s Hausmannsküche auf, lebt seit mehr als 35 Jahren in Österreich. Nach einer Zeit (großteils in den 80er Jahren) in der Pestizide und Antibiotika bei der Lebensmittelverarbeitung an der Tagesordnung standen und welche für Frau Rojik psychische und physische Schwierigkeiten mit sich zog, kam schließlich ihr Entschluss: „Ich vermisse den Geschmack meiner Kindheit. Ich esse ab sofort nur mehr biologische Lebensmittel.“ Immerhin galt es diesen unvergleichlichen und echten Geschmack aus behüteten Kindertagen wieder zu finden und ihn nicht mehr loszulassen. „Das hat mit Trends überhaupt nichts zu tun. Das, was oft verloren gegangen ist und wonach im Grunde genommen alle suchen sollen meine Gäste hier bekommen“, erklärt die Bio-Wirtin Cristina Rojik, die sich vor acht Jahren in der Gastronomie selbstständig machte und seither ihren Bio-Traum lebt: „Die Werte der Gesellschaft haben sich in den letzten Jahrzehnten verschoben, das ist traurig, dabei ist Nahrung doch das essentiellste Gut überhaupt!“

Dieser authentische Geschmack, der unter anderem aufgrund von modernisierten Produktionsarten oder Import von nicht-hochwertigen Lebensmitteln leider mehr und mehr „verschwand“ und scheinbar immer unwichtiger wurde, auf diesen Geschmack wird bei der zertifizierten Bio-Wirtin größten Wert gelegt. „Dabei soll Kartoffel auch Kartoffel bleiben, Fleisch soll Fleisch bleiben.“ Das heißt unter anderem, dass in ihrem Restaurant – wenn überhaupt – ausschließlich hochwertiges Bio-Salz als Gewürz verwendet wird, sonst nix. „Eine Pfeffermühle besitzen wir gar nicht.“ so Roland Flasch, der Koch des Lokals, der schon mehrere Stationen in Wien aufzuweisen hat (Hilton, Motto am Fluss, Chaya Fuera) – ein rein biologisches Lokal ist jedoch auch für ihn etwas Neues im Lebenslauf.

Noch vor einiger Zeit hieß das Restaurant der Rumänin mit dem starken Willen noch „Die Weinbotschaft“. 100 Prozent Bio war allerdings schon damals das Programm.

Der Gedanke an Großmutter´s Küchenstube macht sich schon beim Betreten des Lokals breit: Holzvertäfelungen und eingerahmte Bilder von Oma und Opa an den Wänden, urige Möbel in der Gaststube, Zweige und Hagebutten als Dekoration – einfach (und) gemütlich. Keine Spur von modernen Einrichtungstrends, das wäre auch nicht stimmig. Roland Flasch kocht in der einsehbaren, offenen Küche in welcher man eine Mikrowelle oder eine Fritteuse vergebens sucht.

Und man muss sagen: Das, was er dort biologisch zubereitet, ist schlicht und ergreifend fabelhaft. Der extra cremige Aufstrich aus Karpfenrogen, perfekt mit roten Zwiebeln und Zitrone abgeschmeckt, ist in Kombination mit dem frischen Brot zum Reinlegen gut und würde mich als Hauptgang zufriedenstellen. Dann ein Gedicht von einem Schnitzel: in der Pfanne im Mangalitzaschmalz (!) knusprig gebacken, serviert mit hervorragend mariniertem Erdäpfelsalat – grandios! Das hat auch mich als Schnitzelskeptiker überzeugt. Ein Wermutstropfen bei der ganzen Sache ist jedoch der stolze Preis von € 25. Da schluckt man schon mal lediglich beim Lesen der Speisekarte. Weitere Köstlichkeiten aus dem Hause Rojik sind beispielsweise ein Gervaisragout vom Reh mit Rotwein-Nelkensauce, Sauerrahmnockerl und Preiselbeeren (€ 25,50), ein knuspriger Schopfbraten vom Mangalitzaschwein mit Tomaten-Kraut und Semmelknödel (€ 26,50), für vegetarischen Bio-Genuss hausgemachte Pastinaken-Gnocchi mit Erbsen und roten Rüben (€ 21) und die süße Spezialität des Hauses: glutenfreie Schoko-Mandeltorte mit in Rotwein eingelegten Äpfeln (€9).

Ein breites Angebot der besten Bio-Weine aus den bekanntesten Weinbaugebieten Österreichs und Italiens, österreichische Bioschnäpse und Bio-Champagner runden die Karte ab. Im Gastraum haben 35 Gäste Platz, im Sommer gibt’s zusätzlich noch einen netten Schanigarten vor dem Restaurant.

 

Fazit:

Herzlichkeit, Genuss, Hausverstand, Konsequenz – viel mehr Schlagwörter bedarf es nicht. Ein fantastischer Ort um die Sehnsucht nach der Kost aus Kindertagen zu stillen. Der Bauch wird bestens gefüllt, beim Börserl trifft das Gegenteil zu.

 

 

Die Bio-Wirtin

Annagasse 12

1010 Wien

Tel. 01/5128510

www.weinbotschaft.at

Geöffnet Dienstag bis Samstag 11-24 Uhr